Vor einigen Wochenenden spielte sich ein weiteres Mal ein Debakel ab, das sich in etwa alle zwei bis drei Monate in meinem Umkreis ereignet:
Wir – das waren in diesem Fall Lars& Ich – waren auf der Suche nach einem Multiplayergame für den Nintendo DS, das uns den Abend / die Nacht über beschäftigen würde. Schon beim früheren Runden dieser Art waren wir recht entgeistert über die Leere an spielbaren kooperativen Multiplayerspielen für den DS (und einige andere Konsolen..). Optimisten, die wir sind, hoffen wir jedoch stets auf neue Offenbarungen, die sich im letzten Vierteljahr in die Spielelisten gewagt haben.
Das mag auf Anhieb nach einer naheliegenden Hoffnung klingen, ist aber alles andere als das. Es ist erschreckend unwahrscheinlich ein Spiel zu finden, das sich gemeinsam spielen lässt, dabei reibungslos funktioniert und gleichzeitig den Interessen aller Mitspieler (Genre des Spiel, System des Spiels etc.) genügt.
Aber vorerst einige Grundüberlegungen.
Der Nintendo DS kommt – wie es meiner Ansicht nach bei einer aktuellen Handheldkonsole auch sein sollte – als leicht miteinander zu verbindendes Gerät daher, dass schnelle und dynamische Interaktion verspricht. Wi-Fi-Connection springt dir aus jeder Werbung entgegen. Spiele mit deinen Freunden. Touch Generations.
An dieser Stelle muss ich natürlich zwischen Konsole und darauf realisierten Spielen trennen. Nintendo bietet mit den kabellosen Verbindungsoptionen des DS – ob nun lokal oder per wireless lan – eine leicht zu bedienende und verständliche Grundlage für die Verbindung mehrerer Geräte. Gerade die lokale Option in einem ~5 Meterradius funktioniert ganz ausgezeichnet und ist so anspruchslos, das sie selbst meine 7- und 10-jährigen Schwestern bedienen können. (Ganz im Gegensatz zu ihren Eltern.) Das Prinzip: Knopf drücken. Verbindung abwarten. Erfolg. – Keine Konfigurationen, keine Abfragen.
(Verbindung per wireless lan ist da eine höhere Schwierigkeitsstufe btw..)
Die für den DS erscheinenden Spiele sind dagegen ein ganz anderes Thema. Ich würde soweit gehen zu sagen, sie stammen aus einer anderen Dimension. Ich habe leider keine Referenzen oder Ahnung, wie der Lizenzierungsprozess eines Spiels für den DS abläuft; doch die Fülle an völlig miserablen Spielen in der 20€-Klasse, die Kinder mit Hundewelpen und der Phrase „Mein/e eigene/s/r __“ ködern, sprechen hier wohl für sich. Es ist offenkundig nicht Pflicht für ein Spiel die Funktionen des DS auszunutzen, erst recht nicht sie gut umzusetzen und in das Spielerlebnis einzubinden. Eine fehlende Qualitätskontrolle, die ich eigentlich wünschenswert fände. Mir ist jedoch ebenso bewusst, dass solche Ansprüche nicht den Profit erhöhen würden und lizensierter Müll, der sich verkauft, sicherlich eine fließende Einnahmequelle ist.
(Übrigens eine nicht unwichtiges Nebenproblem: Der DS präsentiert sich (und ist) über weite Strecken mehr als Spielzeug-, statt als Spielekonsole.)
Die Form – der Nintendo DS – ist folglich meist nicht das Problem, sondern der Inhalt – das Spiel.
Meine naivste Annahme wäre: Ein System, das mir verspricht ein Spiel gemeinsam zu spielen, ermöglicht es mir, das Spiel, welches ich sonst allein spiele, gemeinsam zu spielen. Das mag redundant und überflüssig klingt, sei aber als Einstieg gesagt.
Diese Annahme scheitert aber nicht erst an der Realität des DS, sondern aller Computer, Konsolen und sonstigen Maschinen, die mir gemeinsames Spiel versprechen. Das, was sich unter der Bezeichnung Multiplayer etabliert hat, ist in der Regel nicht das Spiel mit mehreren Spielern – es ist eine Variante des Spiels, die sich mit mehreren spielen lässt. Ich stelle mir, seit mein kindliches Ich mehr und mehr zum Gamer geworden ist, die Frage, weshalb es so oft Auszüge oder Abwandlungen des Spiels sein müssen – und nicht einfach das Spiel. Wenn ich sehe, dass Secret of Mana (Seiken Densetsu 2 für euch Uber-authentische) noch heute wie der Ursprungsmythos aus einem verlorenen Zeitalter durch die Gespräche von RPG-Fans geistert, dann fühle ich mich mit dieser Perspektive nicht allein.
„Warum hatte es keinen Zweispielermodus?“, ist noch heute eine Wortlaut, der mir zu alten SNES-Spielen über die Zunge geht wie „Warum konnte ich sie nicht lieben?“
Aber ich muss eine Einschränkung hinterherschicken, die ich vermutlich hätte voranstellen sollen: Natürlich gibt es jede Menge Spiele, bei denen sich Einzel- und Mehrspielermodus praktisch gleichen. Rennspiele und Beat ‚em ups kommen mir da in den Sinn. Spiele, deren Ablauf einen sehr begrenzten Rahmen hat, der immer aufs Neue wiederholt wird. Selbige erfreuen sich auch einer ganz gewaltigen Beliebtheit, wenn es um das gemeinsame Spielen an PC und Konsole geht.
Ich bin primär Rollenspieler. Werde ich auch immer bleiben. Selbst wenn das, was sich in der digitalen Realisierung Rollenspiel nennt, den Rollenspieler in mir oft weinen macht. Etwas heißt heute in der Videogamerealisierung oft „RPG“, wenn der Spieler in regelmäßigen Zeitschritten (z.B. nachdem ich 9000 Gegner abgeschlachtet habe) ein „Level up“-Zeichen über dem Kopf bekommt und sich entscheiden kann, ob er einen Punkt in Wert a oder Wert b setzt; nicht etwa erst, wenn es eine dynamische Erzählweise gibt, in der ich die Entscheidungen meines Charakters / meiner Spielfigur fälle und das Spiel inhaltliche Konsequenzen daraus zieht, die wiederum mit mir interagieren. Ein Problem, das nicht nur mich beschäftigt, aber hier auch wieder nicht das Thema.
Doch genau diese Art Spiel, die langfristige Sorte mit einer Spielzeit von mehreren Stunden oder Tagen – das oft sogenannte RPG – verweigert sich meist vollkommen der Möglichkeit es gemeinsam mit anderen zu spielen. Außer in der Variante, die ich mal liebevoll als sozialen Couch non-coop bezeichnen würde: Einer spielt und der/die andere/n sitzen dabei, machen dumme Witze über das Spiel, philosophieren über das Geschehen und unterstützen mit Guides. Wo ich herkomme, hat sich auch das Verb „Bezocken“ dafür etabliert.
Es gibt ihn nicht, den cooperativen Modus für solche Spiele. Die gemeinsame Geschichte. Es gibt ihn nicht auf dem DS. Ich kann die Spiele, welche diesem Element genüge tun auf den meisten Konsolen an einer Hand abzählen. Das Gleiche gilt für den DS. Es ist enttäuschend, denn der DS bringt alle Grundlagen mit sich, die dazu von Nöten sind. Einfachste Konnektivität, simple Konfiguration und vermutlich auch eine Spielergemeinschaft, welche solche Titel unterstützen würde. Letzteres ist natürlich nur meine Überzeugung aus SNES-Kindertagen und denkt sich mit einer Randgruppe und nicht dem Markt ™.
Aber „Multiplayerelement“ bedeutet leider etwas anderes auf dem DS. Fluff pieces, würde mein Hirn dazu sagen. Kleine putzige Einwegelemente. 5-Minuten-Minispiele. Gemeinsamer Zeichenchat. Nachrichten auf niedlichem Briefpapier mit Sternchen und Häschen. Mit Glück ein tatsächlich nützliches Feature wie die Interaktion von gleichzeitig aktiven DS-Spielen oder das Tauschen von Spielinhalten, welche einen Vorteil verschaffen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Eine Konsole mit den Vorraussetzungen des Nintendo DS hätte mehr gemeinsame Geschichten verdient. Gemeinsame Erlebnisse. Andauernde Interaktion. Keine hübschen Schnittstellen.
Da dies sicher nicht im großen Stil geschehen wird, braucht es vielleicht eine Seite / Community, welche diesen schmalen Pfad zumindest austritt und dokumentiert. DS-bezogen mit verschiedenen Multiplayerkategorien (Fluff, Multiplayerlevels, Teil-Coop, vollständiger Coop etc.) getaggt und bewertet.
http://www.co-optimus.com/ ist in dieser Richtung ein wirklich geniales Archiv, das mir viel mühselige Sucherei erspart hat, aber vielleicht würde auch eine spezielle Nischenseite auf Resonanz stoßen.
Und zu guter Letzt (, weil ich bisher viel gelabert und wenig gesagt habe) ein kleine Liste mit meinen Favoriten, was es das kooperative Spielen auf dem DS angeht.
Somabringer – vor einigen Jahren als „Das Secret of Mana des DS, welches Secret of Mana für den DS nicht ist“ gehandelt. Eines der beste RPGs für den DS, das ich je gespielt habe, und mit einem makellosen vollständigen Co-op-Modus versehen. Action-RPG mit vielen Freiheiten zur Gestaltung der Charakterfertigkeiten mit (was auch sonst) völlig linearer leichtfüßiger Story. Dementsprechend natürlich bisher nur in Japan erschienen und nicht in Aussicht im Westen publiziert zu werden. Dankbarerweise gibt es für die entsprechende ROM ganz ausgezeichnete Übersetzungspatches.
Children of Mana – das erste und einzige RPG der Seiken Densetsu-Reihe für den DS. Als enttäuschend und mittelmäßig beurteilt, obwohl die Essenz sich der Kritik meines Erachtens nach reduzieren lässt auf „Es ist nicht Secret of Mana“. Für mich ein großartiges Spiel mit sehr gradlinigem liebenswertem Design und sehr kreativen Möglichkeiten, das Spiel auf unterschiedliche Arten und Weisen zu spielen. Bemerkenswert finde ich den Verzicht auf ein ausdifferenziertes statisches Fähigkeitensystems zu Gunsten von sehr weiten Modellierungsmöglichkeiten der einzelnen Waffen und ihrer Funktionen. Auch hier ist ein tadelloser Co-op der vollständigen Sorte enthalten, der mir schon einige Nächte lang großen Spaß bereitet hat.
Phantasy Star Zero – für mich die Co-op-Offenbarung des letzten Jahres. Leider – soweit ich weiß – ebenfalls eher mäßig beachtet. Ein spaßiges Action-RPG, das sich sehr angenehm mit zwei oder mehr Mitspielern nutzen lässt. Der Co-op ist nicht richtig vollständig, da sich nur Levels / Missionen spielen lassen, die im Singleplayer bereits abgeschlossen oder erreicht wurden. Doch selbst unter diesen Umständen ist das Zusammenspiel sehr unterhaltsam, wenngleich eher auf die Art und Weise eines diablo-like RPGs.
From the Abyss – ein so minimalistischer Dungeoncrawler, dass er mich manchmal richtig glücklich macht, wenn ich nicht gerade die Geduld mit ihm verliere. Ein Teil von mir möchte sagen, das Spiel sei gradlinig, klassich und tough – der andere Teil nennt es monoton und grind-lastig. Der Co-op, welcher das Spiel tatsächlich 1:1 abbildet, macht das teilweise nicht besser. Es spielt sich wie zweimal der Einzelspielermodus auf derselben Oberfläche. Keine geteilten Erfahrungspunkte. Kein Wiedereinstieg in die Runde, nach dem K.O. des Charakters, sondern Neustart. Auch keine Heil- und Wiederbelebungseffekte, die man auf den anderen Spieler nutzen könnte. Lästige Ticks wie der erzwungene Wechsel des Levelabschnitts für alle Spieler, wenn einer den Abschnitt wechselt. Oh, und – soweit ich es vor unserer Kapitulation vor diesen Hindernissen gesehen habe – kein gescheites Speichern der zusammen bestandenen Levels (durch Wegpunkte o.ä.); aber vielleicht haben wir dafür auch nur nicht weit genug gespielt.
Hier endet auch schon die Liste, die ich aus dem Gedächtnis heraus anbringen kann. Womöglich fallen mir noch einige Titel ein, die ich später anfügen werde.
Vielleicht fallen euch noch nennenswerte Spiele ein?
Und vielleicht kommt auch einfach ein gutes kooperatives Rollenspiel für den Nintendo DS raus. Vielleicht erzählt es uns gemeinsam eine gute Geschichte. Aber auch nur vielleicht.
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